Private Windkraftanlage: Wann eine sinnvolle Investition?

27/01/2025
Private Windkraftanlage

Eine eigene Windkraftanlage für Haus und Garten – dieser Gedanke fasziniert viele Hausbesitzer, die ihre Energieversorgung autark und umweltfreundlich gestalten möchten. Private Windräder versprechen eine ideale Ergänzung zur Photovoltaik, besonders in der sonnenarmen Winterzeit.

Doch der Markt ist unübersichtlich und die technischen Anforderungen sind komplex. Dieser Fachartikel erklärt, wie du die Potenziale und Grenzen einer privaten Windkraftanlage realistisch einschätzen kannst.

Lerne die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Installation kennen – vom geeigneten Standort über die passende Anlagentechnik bis hin zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Ehrliche Ratschläge vom neutralen Experten.

Was ist das Besondere an privaten Windkraftanlagen?

Die Besonderheit von privaten Windkraftanlagen liegt vor allem darin, dass sie in oder in der Nähe von Wohngebieten installiert sind. Dies erfordert eine besondere Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft, beispielsweise was die Einhaltung von Schallgrenzwerten betrifft.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist die Anlagenhöhe von meist nur 10 bis 15 Metern. In dieser für Windkraftanlagen niedrigen Höhe herrschen jedoch oft nur schwache Windverhältnisse. In bebauten Gebieten ist die Windausbeute generell durch Hindernisse wie Häuser und Bäume stark eingeschränkt, weshalb vor dem Kauf eine gründliche Standortprüfung unerlässlich ist.

Private Interessenten müssen zudem besonders vorsichtig bei der Anbieterauswahl sein, da der Markt auch von unseriösen Herstellern mit fragwürdigen Leistungsversprechen geprägt ist.

An einem geeigneten, windstarken Standort kann eine Kleinwindkraftanlage den Strom einer Photovoltaikanlage allerdings ideal ergänzen, besonders in der sonnenarmen Herbst- und Winterzeit.

Windstarke Lage ist das A und O!

Man kann es nicht oft genug wiederholen: der Erfolgsfaktor #1 bei Windanlagen ist die Windstärke in Rotorhöhe (Jahresmittelwert).

Auch wenn Wirtschaftlichkeit nicht im Vordergrund bei der Anschaffung einer privaten Windkraftanlage steht, wird man kein Spaß mit dem Windrad haben, wenn aufgrund zu geringem Windpotenzial des Grundstücks kaum Strom produziert wird.

Bei geringer Stromproduktion wird zudem die Ökobilanz der privaten Windanlage bescheiden sein. Eine Windkraftanlage ist nur dann klimafreundlich, wenn sie während der gesamten Betriebszeit mehr Strom erzeugt, als für die Herstellung der Anlage benötigt wurde.

Kleinwindkraftanlagen sind viel standortkritischer als Solaranlagen: Nicht auf jedem Grundstück lässt sich ein Kleinwindrad betreiben. Kein Erfolg mit dem privaten Windrad wird sich einstellen, wenn mehrere Tausend Euro investiert und nur wenige Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert werden.

Windstarke Standorte können am westlichen Siedlungsrand, in Einzellagen als auch in Hang- und Höhenlagen vorkommen.

Private Windkraftanlage an windstarkem Standort
Private Windkraftanlage an einem sehr windstarken Standort

Leistung privater Windturbinen

Die meisten privaten Windkraftanlagen haben eine Nennleistung bis maximal 10 Kilowatt. Eine pauschale Angabe zur jährlichen Stromerzeugung wie bei Photovoltaikanlagen (Solarstrom) ist nicht möglich.

Bei Photovoltaik ist es einfach: Pro Kilowatt Leistung kann man im Schnitt mit 1.000 kWh Strom pro Jahr rechnen. Bei einer kleinen Windanlagen entscheiden die Größe des Rotors und das Windangebot des Standorts über die Stromproduktion.

Je nach Windstärke des Aufstellungsorts der Kleinwindanlage kann eine Anlage mit einer Nennleistung von 5 kW zwischen 2.500 und 10.000 kWh Strom pro Jahr erzeugen. Ein gewaltiger Unterschied. Ein sehr hoher Ertrag ist z.B. in einer freien Lage in Küstennähe möglich. Doch Vorsicht: an einem sehr windschwachen Standort wird eine Windanlage so gut wie keinen Strom erzeugen!

Lohnt sich das Windrad fürs Eigenheim?

Wer als Hauptmotiv vor allem Wirtschaftlichkeit und Einsparung von Stromkosten verfolgt, der wird mit einer Windanlagen fürs Privathaus in den meisten Fällen nicht weit kommen. Erster Schritt sollte immer die Installation einer Solarstromanlage sein, die in den meisten Fällen wirtschaftlich betrieben werden kann.

Wann lohnen sich Kleinwindanlagen finanziell?
a) Wenn der eigene Windstrom günstiger als der Strompreis des Energieversorgers ist und
b) wenn der eigene Strom größtenteils selbst verbraucht d.h. nicht eingespeist wird.

Die Kosten des durch die Windanlage produzierten Stroms bezeichnet man als Stromgestehungskosten.  Über den Daumen gepeilt müssten die Stromgestehungskosten des privaten Windrads unter 30 Cent pro KWh liegen, damit sie geringer als der Preis für den Haushaltsstrom sind. Das wird mit einem privaten Windrad bis fünf kW Leistung nur an sehr windstarken Standorten erreichbar sein. Grundstücke im Wohngebiet haben nicht dieses Windpotenzial.

Fazit: der Strom der Kleinwindanlage wird an den meisten Standorten (erheblich) teurer sein als der Netzstrom.

Die Motive für die Anschaffung einer Windkraftanlage für zuhause sollten Umwelt- und Klimaschutz, Spaß an der Technik und/oder Wunsch nach Selbstversorgung sein. Mitten im windschwachen Wohngebiet wird das Mini-Windrad allerdings ökologisch kaum sinnvoll sein, weil viel zu wenig Strom produziert wird.

Wirtschaftlichkeit und Rendite ist vor allem für Gewerbebetriebe mit höherem Stromverbrauch und Kleinwindkraftanlagen ab 10 kW Leistung möglich.

Empfehlenswerte Hersteller kleiner Windkraftanlagen

Ein wiederkehrendes Problem in der Kleinwindkraft-Branche ist das Auftreten unseriöser Anbieter mit mangelhafter Technik und/oder irreführender Werbung. Typische Warnzeichen in der Werbung sind Behauptungen von „Weltneuheiten“, „einzigartigen Innovationen“ sowie unrealistische Ertrags- und Renditeversprechen ohne vorherige Standortprüfung.

Eine kritische Prüfung der Herstellerangaben ist deshalb wichtig. Nicht blind der Werbung und den Herstellerangaben glauben. Diese unseriösen Anbieter schaden durch negative Kundenerfahrungen der gesamten Branche. Als Faustregel gilt: Besonders skeptisch sollte man bei Anbietern sein, die ihre Anlagen pauschal für Dachinstallationen auf Privathäusern bewerben.

Natürlich gibt es auch empfehlenswerte Hersteller mit erprobter Anlagentechnik. Die entscheidende Referenz für einen Hersteller ist der erfolgreiche Betrieb seiner Anlagen im freien Wind – besonders während der windstarken und sturmreichen Herbst- und Wintermonate.

5 kW Windkraftanlage am Stadtrand

Qualitativ hochwertige Hersteller können unabhängige Nachweise für die Funktionalität ihrer Anlagen vorweisen – sei es durch eine offizielle Zertifizierung nach der Norm IEC 61400-2, dokumentierte Tests von Prüfinstituten oder positive Langzeiterfahrungen neutraler Betreiber. Reine Windkanaltests oder Computersimulationen reichen als Nachweis nicht aus.

Empfehlenswerte Hersteller kleiner Windkraftanlagen aus Deutschland werden in diesem Fachartikel vorgestellt.

Garten, Dach oder Balkon: Wo Windanlage installieren?

Die Installation der Kleinwindanlage sollte auf einem bodenständigen Mast im Garten in der Nähe des Gebäudes erfolgen.

Installationen von Mikrowindanlagen auf Dächern von Einfamilienhäuser sind meistens nicht von Erfolg gekrönt. Vorwiegend aufgrund unzureichender Windverhältnisse. Eine Dach-Installation könnte beispielsweise funktionieren, wenn eine Seite eines Giebeldachs aus Hauptwindrichtung frei angeströmt wird und der Mast eine ausreichende Höhe hat. Viele Privathäuser erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Mini-Windkraftanlagen für Balkone sind grundsätzlich nicht zu empfehlen, da die Windverhältnisse dort für eine effiziente Stromerzeugung nicht ausreichen. Der Wind trifft auf die Gebäudewand und wird verwirbelt. Diese Windturbulenzen kann der Rotor nicht nutzen. Zudem besteht ein Sicherheitsrisiko durch den schnell drehenden Rotor, wenn dieser in Reichweite sein sollte.

Wer ernsthafte Nutzung von Ökostromtechnik und nennenswerte Stromproduktion im Sinn hat, wird einen auf dem Boden installierten Mast wählen.

Zwei Mikrowindanlagen auf dem Dach: eher Hobby als Kraftwerk

Autarkie: Solar + Wind + Speicher

Ein großer Vorteil einer Kleinwindanlage: sie produziert vor allem im Herbst und Winter viel Strom. Eine perfekte Ergänzung zur Solarstromanlage. Natürlich ist auch die nächtliche Stromerzeugung einer Windanlage ein Pluspunkt.

Ein Stromspeicher kann von Photovoltaik- und Kleinwindanlage gespeist werden, sofern er richtig geplant wurde. Es sollte ein AC-gekoppelter Stromspeicher genommen werden. Der Strom der Windanlage wird durch einen eigenen Wechselrichter (230 Volt) ins Hausnetz eingespeist und gelangt so in die Batterie.

Mit der Kombination Solar + Windkraft + Stromspeicher kann man übers Jahr eine sehr hohe Selbstversorgung mit umweltfreundlichem Strom erreichen. Wärmepumpe und E-Auto als Verbraucher sorgen für einen hohen Eigenverbrauch des Windstroms.

Auch wenn eine Windanlage primär für die Stromerzeugung eingesetzt wird, kann man damit auch Wärme erzeugen. Schließlich ist die windstarke Jahreszeit gleichzeitig die Heizperiode. Überschüssiger Strom der Windanlage wird in einen Heizstab geleitet und erzeugt Warmwasser. 

Fazit: Photovoltaik und (falls gewünscht) Stromspeicher sollten zuerst installiert werden. Die Mini-Windanlage füllt die Solarstromlücke im Winter.

Windrad-Typen: Horizontale oder vertikale Windanlage?

Bei Kleinwindanlagen unterscheidet man zwischen zwei grundlegenden Bauformen: Anlagen mit horizontaler und mit vertikaler Rotorachse. Diese technische Unterscheidung hat direkte Auswirkungen auf Leistung und Einsatzbereich.

Horizontale vs. vertikale  Windkraftanlage
Horizontale vs. vertikale Windkraftanlage

Horizontale Kleinwindanlagen
Die horizontale Bauweise dominiert schon immer den Markt. Der Grund liegt in der aerodynamischen Effizienz dieser Konstruktion:

  • Gleichmäßige Rotorbelastung und deshalb geringe Schwingungen
  • Nutzung höherer Masten möglich, was besonders im Binnenland die Energieausbeute steigert
  • Höhere Leistungsausbeute bei vergleichbarer Rotorfläche
  • Sturmsicherheit: kann aus dem Wind gedreht werden

Vertikale Kleinwindanlagen
Die vertikale Konstruktion weist folgende Nachteile auf:

  • Eine Rotorfläche bewegt sich permanent gegen die Windrichtung
  • Auftretende Schwingungen begrenzen die Masthöhe
  • Geringerer Wirkungsgrad im Vergleich zu horizontalen Anlagen
  • Rotor kann zur Sturmsicherung nicht aus dem Wind gedreht werden

Technischer Vergleich
Messungen unter realen Bedingungen belegen: Bei identischer Rotorfläche erreichen horizontale Kleinwindanlagen deutlich höhere Jahreserträge. Die aerodynamischen Vorteile der horizontalen Bauweise führen zu einer effizienteren Energieumwandlung.

Baugenehmigung für privates Windrad notwendig?

Ob eine Baugenehmigung für ein privates Windrad erforderlich ist, hängt von der Bauordnung deines Bundeslandes ab. Wichtigste Kriterien sind die Höhe der Windanlage und der Gebietstyp (Wohngebiet, Gewerbegebiet etc.).

Viele Bundesländer haben eine Freistellung für Anlagen unter 10 Metern Höhe, in einigen, wie z.B. Niedersachsen und Bayern, sogar bis 15 Meter. Diese Regelungen gelten jedoch nicht immer in Wohngebieten.

Die liberalste Regelung hat Bayern, dort dürfen Kleinwindanlage bis 15 m Gesamthöhe (= höchste Flügelspitze) ab Januar 2025 in allen Gebietstypen ohne Genehmigung aufgestellt werden.

Die Regelungen zu den einzelnen Bundesländern findet man hier:
>> Baugenehmigung Kleinwindanlagen

Kleinwindrad als netzferner Generator (Wohnmobil, Segelschiff)

Mikrowindanlagen mit einer Leistung unter 1 Kilowatt eignen sich gut als autarke Stromerzeuger für mobile Anwendungen abseits des Stromnetzes. Die Anlagen werden mit einem Laderegler ausgeliefert, der die erzeugte elektrische Energie in eine Batterie einspeist. In der Praxis bewährt sich die Kombination mit einer Photovoltaikanlage.

Besonders auf Segelschiffen bietet sich der Einsatz an, da hier ideale Windverhältnisse herrschen und die zusätzliche Stromquelle die Energieversorgung perfekt ergänzt.

Mikrowindanlage auf Segelschiff
Mikrowindanlage auf Segelschiff

Bei der Installation an Wohnmobilen ist hingegen Vorsicht geboten: Eine Dachmontage ist wegen der Körperschallübertragung nicht zu empfehlen – stattdessen sollte ein separat aufgestellter, abgespannter Mast in der Nähe des Fahrzeugs zum Einsatz kommen. Die Praktikabilität beim Wohnmobil hängt allerdings von der Standzeit ab, da der Aufbau des Mastes nur bei längeren Aufenthalten sinnvoll ist.

Fazit: Private Windkraftanlagen – eine realistische Einschätzung

Kleine private Windturbinen eignen sich in den meisten Fällen nicht, die Stromkosten zu senken. Die Wirtschaftlichkeit hängt entscheidend vom Windangebot ab, das inmitten von Wohngebieten für einen rentablen Betrieb nicht ausreicht. Gute Voraussetzung  haben z.B. Häuser auf dem Land in freier Lage mit ungehinderter Anströmung aus westlicher Richtung. Installiere das Windrad nicht auf dem Dach.

An windstarken Standorten und in Kombination mit Solaranlage können Kleinwindanlagen einen wertvollen Beitrag zur Eigenversorgung leisten.

Die sinnvollste Strategie ist meist, zuerst eine Photovoltaikanlage zu installieren und diese bei Bedarf durch eine Kleinwindanlage zu ergänzen.

Setze auf eine hochwertige Windanlage eines empfehlenswerten Herstellers, das hat seinen Preis, aber nur dann wird das Mini-Windrad lange laufen und Stürme überleben.

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.