Technik und Anwendungen kleiner Windkraftanlagen

Anwendungsarten von Kleinwindanlagen

Die in Europa häufigste Anwendungsart von Kleinwindanlagen ist der Netzparallelbetrieb d.h. die Stromversorgung eines Gebäudes mit gleichzeitigem Anschluss an das öffentliche Stromnetz. Auch wenn eine Einspeisung und Vergütung des überschüssigen Windstroms erfolgt, liegt der Schwerpunkt der Stromnutzung im Eigenverbrauch. Ein Großteil des selbst produzierten Windstrom wird selbst verbraucht. Mit der zunehmenden Verbreitung von Batteriespeichern steigt die Eigenverbrauchsquote.

Netzanschluss Kleinwindanlage

Von Inselsystemen spricht man, wenn kein Anschluss an das Stromnetz besteht. In der Regel dient dann eine Batterie als Stromspeicher, um eine dauerhafte Stromversorgung garantieren zu können. In abgelegenen Gebieten sind Inselsysteme oft wirtschaftlicher, als diese Siedlungen an das entfernte Stromnetz anzuschließen.

Neben der Stromproduktion kann eine Kleinwindkraftanlage durch den Antrieb einer Pumpe einen Beitrag zur Wasserversorgung leisten. Weit verbreitet in den USA waren beispielsweise die sogenannten Westernräder, die als Windpumpen zur Wasserversorgung auf Farmen eingesetzt wurden. Das Foto rechts zeigt eine Windpumpe auf einer Insel vor Sardinien, die seit über 50 Jahren zuverlässig Wasser aus einem Brunnen pumpt. 

Windpumpe - Windenergie Pumpe

Der Kolben der Pumpe wird durch den Rotor angetrieben, es kommt keine elektrische Pumpe zum Einsatz. Die Verwendung der mechanischen Energie eines Windrads wurde schon vor hunderten Jahren in Windmühlen zum Mahlen von Getreide eingesetzt. Eine weitere Option ist die Erzeugung von Wärmeenergie. Entweder durch die Verwendung des erzeugten Stroms in einer Elektroheizung oder direkt durch die Umwandlung der mechanischen Energie in Wärme.

Netzgekoppelte Systeme

Bei netzgekoppelten Systemen besteht ein Anschluss der Kleinwindanlage an das örtliche Stromnetz. Die Umwandlung des Gleichstroms in Wechselstrom erfolgt durch einen Wechselrichter. Anlagen mit einer Leistung bis 30 kW speisen den nicht direkt verbrauchten Strom i.d.R. in das Niederspannungsnetz ein, entweder einphasig (230 V) oder dreiphasig (400 V). Anlagen mit einer Leistung zwischen 30 und 100 kW speisen den Strom entweder einphasig ins Mittelspannungsnetz (20 kV) oder dreiphasig (400 V) ins Niederspannungsnetz ein.

Schaltschrank und Wechselrichter der Kleinwindkraftanlage

Inselsysteme

Kleinwindanlagen eignen sich hervorragend zur Energieversorgung von abgelegenen Anlagen oder Siedlungen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind. Das können z.B. Ferienhäuser, Wohnwagen, Notrufsäulen, Mobilfunkmasten oder Segelschiffe sein. In abgelegenen Gebieten in Entwicklungsländern werden ganze Siedlungen durch Inselsysteme mit Strom versorgt.

Im Privatbereich kommen i.d.R. Anlagen mit einer Leistung unter 1,5 kW zum Einsatz, die den Gleichstrom mit einer Spannung bis zu 48 V in eine Batterie einspeisen. Neben auf Gleichstrom basierten Systemen sind kleine Wechselstrom-Inselnetze eine Option. Das ist vorteilhaft, da die meisten elektrischen Geräte mit Wechselstrom funktionieren. Der Windstrom wird über einen Wechselrichter für Netzkopplung in die Wechsel- oder Drehstromseite des Inselnetzes eingespeist. Das Netz wird durch einen bidirektionalen Batteriewechselrichter gebildet.

Um die Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu erhöhen, werden Hybridsysteme eingesetzt, die neben Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen teils auch Dieselgeneratoren umfassen. Je höher der Anteil der durch Erneuerbare Energien bereitgestellten Strommenge, desto geringer die Kosten für fossile Treibstoffe. Das kann je nach Standort die Wirtschaftlichkeit des Hybridsystems verbessern.

PV-Wind-Inselanlage

PV-Wind-Inselanlage (Foto: Superwind)

Windkraftanlage als Heizung

Ein Großteil der von Windkraftanlagen erzeugten Energie fällt in Mitteleuropa auf die kalte Jahreszeit. Im Herbst und Winter ist der Wind besonders stark, zeitlich deckungsgleich mit dem hohen Bedarf an Wärme für Brauchwasser und Heizung. Ein entscheidender Vorteil gegenüber Solaranlagen, die im Winter kaum Energie bereitstellen können. In sehr windstarken Regionen wie z.B. der Bretagne gibt es Kleinwindanlagen-Betreiber, die die Anlagen alleine für die Wärmeerzeugung einsetzen.

Es gibt diverse technische Möglichkeiten, um mit Windenergie Wärme bereitzustellen. Beispielsweise könnte der Windstrom für die Versorgung einer Wärmepumpe verwendet werden. Das übliche Verfahren für die Erzeugung von Warmwasser ist das Leiten des Gleichstroms in den Heizstab des Warmwasserspeichers.

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Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.