Die jüngste Änderung der Bauordnung in NRW mag den Eindruck erwecken, dass es vorangeht in Sachen Kleinwindkraft im bevölkerungsreichsten Bundesland. Doch dem ist leider nicht so. Man muss NRW weiterhin als Schlusslicht betrachten. Das hat mit einer beispiellosen Regelung zu tun, die noch unter Ministerpräsident Laschet eingeführt und bislang nicht zurückgenommen wurde.
Neuer Runderlass: Verfahrensfreie Mini-Windanlagen bis 10 m Höhe
Vom NRW-Bauministerium unter Ministerin Schnarrenbach (CDU) wurde Mitte Dezember 2022 ein neuer Runderlass zur Baugenehmigung von erneuerbaren Energieanlagen bekanntgemacht.
Eine neue Regel besagt, dass Kleinstwindanlagen bis maximal 10 m Gesamthöhe (höchste Flügelspitze über Grund) jetzt von der Verfahrensfreiheit erfasst sind. Dies gilt allerdings nicht in Wohn- und Mischgebieten.
Verfahrensfreiheit bedeutet: man kann die Anlagen ohne Genehmigung aufstellen. In der Theorie zumindest, denn in der Praxis können immer noch die sogenannten öffentlichen Belange dagegen stehen.
Wie war die Regelung vorher in NRW? Ganz ähnlich, nur bestand anstatt einer Verfahrensfreiheit eine Genehmigungsfreiheit. Man konnte eine Kleinstwindanlage außerhalb von Wohn- und Mischgebieten auch ohne Baugenehmigung aufstellen, aber musste zur Prüfung vorher das Bauamt informieren. Mit einer Verfahrensfreiheit muss man die Behörde theoretisch nicht informieren.
10-Meter-Kleinwindanlagen: in der Praxis oft zu wenig Strom
Kleine Windanlagen bis maximal 10 Meter Gesamthöhe haben im Binnenland an den meisten Standorten ein großes Problem: in dieser Höhe ist oft zu wenig Wind, es wird dann sehr wenig Strom produziert. Der Windstrom wird dadurch sehr teuer und die Ökobilanz wird bescheiden sein.
Was die Stromversorgung netzgekoppelter Gebäude angeht, sind Kleinwindkraftanlagen vor allem für stromintensive Betriebe interessant. Windanlagen mit einer Leistung ab 10 Kilowatt mit einer Gesamthöhe zwischen 20 und 50 Metern.
Beispiellose Anti-Kleinwindkraft-Regel in NRW: 1.000 Meter Abstand
Unter der schwarz-gelben Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet wurde im Juli 2021 aus Sicht der Kleinwind-Branche ein deutschlandweit beispiellos destruktives Gesetz beschlossen: Windkraftanlagen im Außenbereich müssen 1.000 m Abstand zur Wohnbebauung einhalten. Das Unikum: Kleinwindkraftanlagen werden dezidiert in den Erläuterungen zum Gesetzt erwähnt. Ausgenommen sind Landwirte.
Wie grotesk diese Regelung ist, zeigt folgendes Beispiel: in NRW muss eine Industrieanlage in Form eines Kohlekraftwerks bis 900 MW Leistung einen Abstand von 700 m zur Wohngebieten einhalten. Für eine 15 m Kleinwindanlage gilt ein Abstand von 1.000 m. Wer ein Beispiel für Anti-Windkraft-Politik sucht, hier ist es. Verantwortlich ist das Bauministerium unter Ministerin Schnarrenbach (CDU).
Mehr dazu in folgendem Fachbeitrag und diesem Video.
Investitionen in lokalen Klimaschutz werden verhindert
Angenommen ein Wasserwerk oder Klärwerk, die oft im Außenbereich angesiedelt sind, will in klimafreundliche Energieversorgung durch eine Kleinwindkraftanlage investieren. Die 30 kW Anlage auf dem Betriebsgelände hätte eine Gesamthöhe von 40 Metern. In 700 m Entfernung befindet sich ein Wohngebiet, von dem aus man die Windanlage weder sehen noch hören könnte. Doch aufgrund der 1.000-m-Regel würde die kleine Windanlage nicht zugelassen.
Es bleibt zu hoffen, dass in NRW das Baugesetz angepasst wird und Kleinwindkraftanlagen von der Abstandsregel ausgenommen werden.
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Grundlagen zur Genehmigung von Kleinwindkraftanlagen
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Autor: Patrick Jüttemann