Wie die USA Kleinwindkraft als Zukunftstechnologie fördern

06/07/2023
Kleinwindanlagen Bergey 10 kW and 15 kW

In den USA hat man das Potenzial von Kleinwindkraftanlagen erkannt. Durch Förderprogramme werden nicht nur die Hersteller kleiner Windkraftanlagen bei der Entwicklung und Markteinführung unterstützt.

Auch die Käufer von Kleinwindanlagen profitieren von üppigen finanziellen Förderungen vom Staat. Deutschland und die EU sollten sich mehr als nur eine Scheibe davon abschneiden. Denn weltweit kann man von einem riesigen Potenzial für dezentrale Windkraft ausgehen.

Förderung von Entwicklung und Markteinführung von Kleinwindanlagen

In den USA wurde das Potenzial von Kleinwindkraftanlagen auf höchster Ebene erkannt. Das US-Energieministerium selbst hat das Competitiveness Improvement Project (CIP) ins Leben gerufen, um die Wettbewerbsfähigkeit von Kleinwindanlagen zu verbessern.

Das Ziel des Programmes ist es, dezentrale Windenergie zugänglicher und erschwinglicher für Bewohner und Unternehmen in ländlichen Gebieten zu machen. Das Kleinwindkraft-Förderprogramm wird vom National Renewable Energy Laboratory (NREL) umgesetzt und richtet sich an Hersteller kleiner Windturbinen.

Die technische Unterstützung können Hersteller von Windkraftanlagen mit einer Leistung unter 1 MW anfordern. Die Definition von Kleinwindanlagen ist in den USA großzügiger ausgelegt. In Deutschland haben Kleinwindkraftanlagen in der Praxis eine maximale Leistung von 250 Kilowatt. Wobei hierzulande nicht die Nennleistung, sondern die maximale Gesamthöhe von 50 m das entscheidende Kriterium ist.

Die Ziele des CIP:

  • Optimierung des Designs von Kleinwindanlagen
  • Entwicklung fortschrittlicher Fertigungsprozesse
  • Durchführung von Turbinen- und Komponententests sowie Zertifizierungen
  • Beschleunigung der Markteinführung

Durch das US-Energieministerium wurden seit 2012 an 26 Unternehmen der Kleinwindkraft-Branche Förderungen vergeben mit einer Gesamtsumme von 15,4 Millionen US-Dollar. Das hat zusätzliche Investitionen in Höhe von 7,9 Millionen US-Dollar aus dem Privatsektor generiert.

Testfeld für Kleinwindkraftanlagen in USA

Windkraft-Ingenieur auf Kleinwind-Testfeld in USA (Foto: Joe Smith / NREL)

Ein zentraler Punkt ist dabei ein hoher Qualitätsstandard der Windanlagen. Das wird durch eine Zertifizierung erreicht, in deren Rahmen die Windturbinen ausgiebigen Tests unterzogen werden. In den USA gibt es einen extra Zertifizierungsstandard für Kleinwindkraftanlagen in Sinne eines Qualitätslabels. Nur bei zertifizierten Kleinwindanlagen können die Käufer von üppigen finanziellen Förderungen profitieren.

Beispiel Bergey: Entwicklung einer 15 kW Kleinwindanlage

Bestes Beispiel ist der Hersteller Bergey mit seiner Kleinwindkraftanlage mit 15 Kilowatt Nennleistung. Als Geschäftsführer Mike Bergey im Jahr 2012 Fördermittel durch das CIP beantragte, plante er eine Neuentwicklung der 10-Kilowatt-Windturbine der Bergey Windpower Company, um Kosten zu senken. Dies war erforderlich, um mit Photovoltaikanlagen konkurrieren zu können.

Über einen Zeitraum von über 10 Jahren konnte Bergey mit Hilfe des CIP kontinuierliche technologische Verbesserung seiner Windanlage realisieren. Neben der technischen Entwicklung wurden auch Erprobung sowie Tests und Zertifizierung der 15 kW Windanlage gefördert.

Die neue Kleinwindanlage Bergey Excel 15

Die neue Kleinwindanlage Bergey Excel 15

Resultat: Stromkosten sinken um fast die Hälfte

Förderprogramme sind dann gut, wenn sie auch positive Auswirkungen in der Praxis haben. Das ist bei der Entwicklung der neuen Bergey-Anlage der Fall. Die neue 15 kW Kleinwindanlage zeigt eine deutlich bessere Performanz als die etablierte 10 kW Anlage.

Wie in der Tabelle unten deutlich wird, ist der maximale Wirkungsgrad (Max. Cp) von 0,3 auf 0,4 gestiegen.

Die jährliche Stromproduktion ist von rund 19.000 auf 45.000 kWh und damit um 139% gestiegen. Das gilt für eine mittlere Windgeschwindigkeit von 6 m/s, gleichbedeutend mit einem sehr windstarken Standort.

Auch die Stromgestehungskosten (LCOE) sind durch die größere Windturbine klar gesunken. Strom kann jetzt für unter 11 Cent pro Kilowattstunde erzeugt werden, das ist 45% weniger im Vergleich mit dem kleineren 10-kW-Modell.


Finanzielle Förderung von Betreibern kleiner Windanlagen

Die USA werden in den kommenden Jahren massiv in erneuerbare Energien investieren. Industriepolitik und Klimaschutz gehen hier Hand in Hand. Das übergeordnete Ziel lautet: Bis zum Jahr 2035 soll in den Vereinigten Staaten der Strom zu 100% aus umweltfreundlichen Quellen stammen.

Mit dem im August 2022 in Kraft getretenen Inflation Reduction Act (IRA) sollen Investitionen in Höhe von 370 Milliarden US-Dollar angestoßen werden, um Energiekosten zu senken und den Klimawandel zu bekämpfen.

Neben Unternehmen und Gewerbebetrieben bekommen auch private Hausbesitzer 30% der Kosten für eigene Energiesysteme wie Kleinwindanlagen, Photovoltaik und Batteriespeicher in Form von Steuergutschriften erstattet. Ja, auch für Kleinwindkraft. Das muss man betonen, da bei Förderungen in Deutschland Kleinwindkraftanlagen meistens ausgeschlossen werden.

Wenn man weitere Fördertöpfe in den USA hinzuzieht, bekommen landwirtschaftliche Betriebe bis zu 50 Prozent einer Kleinwindanlage vom Staat gefördert.

Studie ermittelt riesiges Potenzial für Kleinwindkraft in USA

Eine vom US-Energieministerium geförderte Studie hat auf Basis detaillierter Daten und neuer Modellierungstechniken Standorte mit dem höchsten Potenzial für Kleinwindanlagen identifiziert. Wichtigster Faktor für die Standortgüte ist das  lokale Windpotential.

Dabei wird unterschieden zwischen privat und kleingewerblich genutzten Windanlagen mit einer Leistung unter 20 kW und gewerblichen Kleinwindkraftanlagen mit einer Leistung zwischen 20 kW und 100 kW.

Das wirtschaftliche Potenzial für Kleinwindanlagen mit einer Leistung unter 20 kW beträgt alleine in Texas über 188 GW. Der Staat Texas führt die Rangliste an. In jedem der besten zehn Staaten beträgt die Leistung über 40 GW.

Quelle: NREL - Distributed Wind Energy Futures Study

Das ökonomische Potenzial für gewerbliche Kleinwindkraftanlagen (20 bis 100 kW) ist zwar niedriger im Vergleich mit der kleinsten Leistungsklasse. Aber wenn der an der Spitze Staat Colorado ein Potenzial von 7,3 GW hat, dann sind das immer noch hervorragende Wachstumsaussichten.

Quelle: NREL - Distributed Wind Energy Futures Study

Exportchancen bei Kleinwindanlagen

Wenn man das enorme Potenzial für Kleinwindkraftanlagen in den USA auf einen weltweiten Maßstab überführt, sollte klar sein, das Kleinwindkraft ein riesiges Potenzial hat.

Inselanlage mit Kleinwindkraftanlagen

Hybride Inselanlage mit Kleinwindanlagen (Foto: Ryse Energy)

Gleichbedeutend mit exzellenten Exportchancen auch für deutsche Hersteller kleiner Windturbinen sowie für Systemanbieter. Denn weltweit gesehen werden nicht netzgekoppelte Systeme, sondern autarke Inselanlagen (ohne Anschluss ans öffentliche Stromnetz) bestehend aus Photovoltaik, Kleinwindkraft und Batterie vorherrschend sein.

Weiterführende Informationen:

NREL Selects Manufacturers of Small- and Medium-Sized Wind Turbine Technology for 2022–2023 Funding
>> zum Beitrag des NREL

Competitiveness Improvement Project
 >> zum Beitrag des NREL

Distributed Wind Energy Futures Study
>> zum Beitrag des NREL

Kleinwindanlagen-Hersteller Bergey
>> zum Unternehmen

Autor: Patrick Jüttemann

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.