PV-Wind-Inselanlagen werden vom weltweiten Mobilfunk-Boom profitieren

10/03/2022
PV-Wind-Inselanlage
PV-Wind-Inselanlage (Foto: Superwind)

Als schlafenden Riesen bezeichnet eine aktuelle Marktstudie die netzferne Stromversorgung von Mobilfunkstationen durch Erneuerbare Energien. Das Marktsegment ist für Anbieter von Kleinwindanlagen sehr interessant und kann der ganzen Branche einen Schub verleihen.

Die internationale Marktentwicklung der Kleinwindkraft wird schon immer stark von Off-Grid-Applikationen beeinflusst. Während in Deutschland aufgrund des gut ausgebauten Stromnetzes der Netzparallelbetrieb im Vordergrund steht, sind vor allem in den aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländern Inselanlagen das wichtigste Marktsegment. Das gilt zum einen für die Elektrifizierung von Dörfern ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz, zum anderen für professionell betriebene Off-Grid-Anlagen.

Bis 2020 werden bis zu 400.000 netzferne Mobilfunkstationen aufgebaut

Eine netzferne Stromversorgung ist u.a. typisch für Mobilfunk-Sendemasten, da diese an exponierten und abgelegenen Standorten installiert werden. Nach einer Studie der US-Firma Navigant Research wird die netzferne Stromversorgung von Mobilfunk-Basisstationen weltweit stark anwachsen. Im Jahr 2020 wird das Umsatzvolumen für solche Off-Grid-Systeme über 10 Milliarden USD betragen. Zwischen 2012 und 2020 werden der Marktstudie folgend annähernd 400.000 Basisstationen für den Mobilfunk aufgebaut.  Davon werden zunehmend dezentrale Stromversorgungssysteme basierend auf Erneuerbare Energien profitieren, während die sonst üblichen Dieselgeneratoren aus dem Markt gedrängt werden. Der weltweite Boom des Mobilfunks findet zu einem Großteil in den Entwicklungs- und Schwellenländern statt. Wer beispielsweise in Afrika auf dem Land unterwegs ist wird staunen, wie viele Menschen dort bereits ein Handy besitzen. China und Indien gehören zu den stärksten Wachstumsmärkten.

Standorte von Basisstationen gut geeignet für Kleinwindanlagen

Mobilfunk-Sendemast
Sendemast an exponiertem Standort

Die Kleinwindkraft-Branche wird einer der Profiteure des Mobilfunk-Booms sein. Denn Mobilfunksendeanlagen werden in der Regel an hoch gelegenen Stellen aufgebaut, das kann beispielsweise ein Gebäudedach, Hügel oder Turm sein. Solch exponierte Lagen versprechen oft gute Windbedingungen und erfüllen damit die wichtigste Voraussetzung für den Betrieb einer Kleinwindkraftanlage.

In der Regel wird die Kleinwindanlage Bestandteil eines Hybridsystems mit PV-Modulen, Batterie, Laderegler und Fernüberwachung sein. Die sich ausgleichende Energiebereitstellung durch Sonne und Wind erlaubt eine kleinere Auslegung der Batterie. Eine entscheidende Rolle werden die Systemanbieter spielen, da sie für Auswahl und Dimensionierung der Kleinwindanlage und dessen Integration ins Hybridsystem verantwortlich sind.

US-Hersteller vertikaler Windräder mit Leasing-Konzept für Mobilfunkbetreiber

Der in New York ansässige Hersteller vertikaler Kleinwindanlagen Urban Green Energy (UGE) will nach einer Bloomberg-Meldung mit einem besonderen Geschäftsmodell in die Stromversorgung netzferner Mobilfunk-Basisstationen einsteigen. Das Unternehmen plant dafür eine Investition von 20 Millionen USD ein. UGE produziert vertikale Kleinwindkraftanlagen mit einer Leistung zwischen 200 Watt und 10 kW.

UGE bietet den Betreibern der Sendestationen ein Leasingmodell an, welches im Kern die sichere Bereitstellung der Stromversorgung garantiert. Ein Vorteil sieht UGE in der robusten Bauart seiner vertikalen Windkraftanlagen und dem geringen Wartungsbedarf. Letzteres ist von großer Bedeutung, da Reparaturen und Geräteaustausch an den in der Regel sehr abgelegenen Standorten mit einem großen Aufwand verbunden sind.

[Aktueller Hinweis: UGE hat im September 2016 seine Vertikalwindrad-Sparte verkauft. Angekündigte Zertifizierungen für die Windanlagen wurden nicht vollbracht.]

 

Auch deutsche Unternehmen haben den Markt für sich entdeckt, wie z.B. der Hersteller Superwind. Das Windrad mit horizontaler Rotorachse und einer Nennleistung von 350 Watt ist auf den wartungsarmen Betrieb unter Extrembedingungen ausgelegt.

 

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Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.