Off-Grid-System mit Kleinwindanlage und Photovoltaik als Komplettlösung

29/08/2023

Das öffentliche Stromnetz steht nicht überall und immer zur Verfügung. Die Formel für eine unabhängige Energieversorgung lautet: Photovoltaik + Kleinwindkraft + Stromspeicher.

Als erprobtes Praxisbeispiel wird hier ein professionelles Off-Grid-System vorgestellt, die Smart Base Station. Der Anbieter Leading Edge Power ist gleichzeitig ein Hersteller von Mikrowindanlagen.

Kann so eine Inselanlage bei jedem Wetter zuverlässig Strom liefern? Wichtig ist dabei die Planung und Auslegung des Systems. Auch das schauen wir uns in diesem Beitrag an.

Dieser Beitrag als Video (11:45 m):

Smart BaseStation: Off-Grid-Komplettlösung

Die Smart BaseStation ist eine kleine Inselanlage als Komplettsystem. Eine voll integrierte Off-Grid-Lösung, die Strom für eine Reihe von Anwendungen liefern kann. Entwickelt für den Betrieb von Geräten mit AC- oder DC-Stromverbrauch

Leading Edge Power wird als Anbieter in unserem Kleinwind-Marktreport aufgeführt. Der Report umfasst nur Kleinwindkraftanlagen hoher Qualität.

Die Intention für diesen Beitrag ist es, mal ein professionelles Off-Grid-System vorzustellen, mit hochwertiger Kleinwindanlage. Denn dadurch kann man einiges lernen. Welche Komponenten werden verwendet, wie ist der Systemaufbau, Planung etc. Dieser Beitrag ist nicht von Leading Edge Power gesponsert.

Merkmale der kleinen Inselanlage

Es handelt sich um ein integriertes Hybridsystem mit Photovoltaik, kleinem Windgenerator, Batterien und optional Backup-Generator. Neben den Standard-Ausführungen der Smart BaseStation besteht die Möglichkeit, die Systeme maßgeschneidert zu dimensionieren für den eigenen Energiebedarf. Der Hersteller verspricht eine ganzjährige Stromversorgung bei jedem Wetter.

Das System läuft auch an abgelegenen Orten zuverlässig, dadurch ist ein unbeaufsichtigter Betrieb ohne Ortsbesuche möglich. Man das System aus der Ferne überwachen und steuern. Das Off-Grid-System ist für den einfachen Transport und schnellen Aufbau in einem kompakten Gehäuse vorkonfiguriert.

Off-Grid-System in windstarker Hügellage

Off-Grid-System in windstarker Hügellage

Komponenten des Off-Grid-Systems

Das kleine Off-Grid-System wird mit Mikrowindanlagen aus eigener Produktion ausgestattet. Windanlagen bis zu einer Leistung von 160 Watt und einem Rotordurchmesser von 1,5 m. Darunter horizontale und vertikale Windanlagen. Die Windanlagen sind für anspruchsvolle Umweltbedingungen entwickelt worden.

Standardmäßig wird das System mit einer horizontalen Kleinwindanlage ausgestattet, die täglich zwischen 0,5 kWh und 1,5 kWh Strom erzeugt. Es können bis zu zwei Windturbinen installiert werden, die Stromerträge durch Windenergie verdoppelt werden. In Gebieten mit sehr starkem Wind wird eine vertikale Kleinwindanlage empfohlen.

Das System wird standardmäßig mit zwei Hochleistungs-Solarmodulen von Sunpower mit je 160 Watt ausgestattet. Bei sonnigem Wetter können pro Tag über 1,2 kWh Strom erzeugt werden. Maximal können vier Module mit einer Gesamtleistung von 640 Watt implementiert werden.

Praktisch ist, dass die Smart BaseStation mit zwei Masten ausgeliefert wird. An die Masten können nicht nur Kleinwindanlagen montiert werden. Auch viele andere Applikationen, wie z.B. Mess-Equipment, Kameras etc. Wichtig ist, dass die Masten nicht durch Seile gesichert werden müssen, um den Windlasten standzuhalten.

Als Standard sind sechs Batterien mit je 120 Ah verbaut, die insgesamt 8,64 kWh Energie speichern können. Für eine größere Speicherkapazität besteht auch die Möglichkeit, durch eine Reihenschaltung die Kapazität zu erhöhen.

Es kommen industrietaugliche Deep-Cycle-AGM-Batterien zum Einsatz, die auch bei intensiver Nutzung viele Jahre lang eine zuverlässige Versorgung bieten. AGM-Batterien enthalten keine flüssige Elektrolytlösung und können sogar auf dem Kopf verwendet werden, was sie für den Transport besonders geeignet macht.

Mikrowindanlagen aus eigener Produktion

Die Kleinwindkraftanlagen von Leading Edge Power werden alle in England entwickelt und produziert. Kleinwind-Modelle ganz unterschiedlicher Bauweise. Als Hersteller von Kleinwindanlagen wird Leading Edge Power seit vielen Jahren in unserem Kleinwind-Marktreport vorgestellt.

Windanlagen von Leading Edge Power im Kleinwind-Marktreport

Windanlagen von Leading Edge Power im Kleinwind-Marktreport

Es gibt zwei Windanlagen mit horizontaler Rotorachse und zwei mit vertikaler Rotorachse. Die vertikalen Windanlagen kommen nur an Standorten mit sehr starkem Wind zum Einsatz. Leistung und Rotor der horizontalen Windanlagen sind deutlich größer als die der Vertikalwindanlagen. Entsprechend  höher sind die Stromerträge.

Basis-Modelle der Smart BaseStation

Die Smart BaseStation wird in fünf Standardmodellen angeboten, wie in dieser Tabelle dargestellt wird.  In der Praxis werden allerdings oft maßgeschneiderte Lösungen ausgeliefert, die speziell für einen individuellen Anwendungsfall ausgelegt sind.

Das erste System „Hub-DC“ ist für die Bereitstellung von Gleichstrom ausgelegt, die anderen Systeme für Gleich- und Wechselstrom.

Basis-Modelle der Smart BaseStation

Basis-Modelle der Smart BaseStation

Was die Ausstattung mit Kleinwindanlagen und Photovoltaikmodulen angeht, haben alle Modelle die gleichen Voraussetzungen. Unterschiede gibt es bei der maximalen Anschlussleistung und der Ladeleistung der Batterie.

Praxisbeispiel: Breitband-Funkstationen

Ein typisches Praxisbeispiel für den Einsatz der Smart BaseStation sind autarke Breitband-Funkstationen in West-Irland. Die Übertragungsstandorte decken zwischen 40-50 Kunden ab und ermöglichen Haushalten in abgelegenen Gebieten den Zugang zum Internet.

Off-Grid-System mit vertikaler Mikrowindanlage

Off-Grid-System mit vertikaler Mikrowindanlage

Da diese Standorte 2-5 km von der nächsten öffentlichen Stromversorgung entfernt sind, ist eine autarke Stromquelle, die von Solarenergie und Windenergie bereitgestellt wird, die einzige kosteneffektive Lösung.

Es sind extreme Windstandorte, so dass dort vertikale Kleinwindanlagen zum Einsatz kommen. Die Vertikalachsen-Windturbinen laufen dort seit vielen Jahren ohne Unterbrechung und haben ihre Sturmsicherheit unter Beweis gestellt.

Planung und Auslegung des  Off-Grid-Systems

Das kleine Off-Grid-System wird als Rundum-Sorglos-Paket angepriesen. Kann das stimmen? Sichere Stromversorgung nur durch Sonne und Wind bei jeder Wetterlage? Entscheidend ist die gewissenhafte Planung und Auslegung der autarken Stromversorgung. Schauen wir an, wie Leading Edge Power hier vorgeht.

Zunächst müssen vom Kunden detaillierte Informationen zum vorgesehenen Standort des Inselsystems bereitgestellt werden. Beschreibung der Lage und Umgebung: liegt der Standort auf einem Hügel oder in einem Tal, befindet er sich in der Nähe von Gebäuden oder Bäumen? Das ist nicht zuletzt wichtig für die Abschätzung des Windpotenzials.

Anschließend werden Berechnungen für das Potenzial an Wind- und Solarenergie durchgeführt. Dabei wird ein 18-jähriger jährlicher "Durchschnitt" verwendet, der auf Daten eines internationalen meteorologischen Instituts basiert. Hilfreich sind konkrete Winddaten für den Standort in einer Höhe von 10 Meter über Grund. Damit die Stromerträge der Windanlagen möglichst gut geschätzt werden können.

Die Solar- und Winddaten werden in einem Diagramm zusammengeführt. Dies zeigt die geschätzte Menge an Energie, die über einen Zeitraum von 12 Monaten erzeugt wird. Da die Energieerträge durch Sonne und Wind schwächer ausfallen können, wird das System mit einer Sicherheitsmarge von 25 % dimensioniert.

Planung von Energiebedarf und -Erzeugung

Planung von Energiebedarf und -Erzeugung

Wenn der Energiebedarf hoch ist, kann es sinnvoll sein, Solar- und Windkraft mit einem Backup-Generator zu ergänzen. Dadurch lässt sich der Strombedarf für bestimmte Wintermonate decken, während das System in der richtigen Größe bleibt und die Kosten nicht zu stark steigen.

Durch die Autostart-Funktion wird der Backup-Generator je nach Ladezustand der Batterie automatisch gestartet und abgeschaltet. Die Autostart-Funktion kann so eingestellt werden, dass der Generator aktiviert wird, wenn die elektrische Last die Kapazität des integrierten Wechselrichters überschreitet. In diesen Fällen werden Generatorzufuhr und Batteriebank kombiniert, um die Effizienz zu maximieren. Als Backup-Generator werden Methanol-Brennstoffzellen von Efoy mit 45W oder 110W Leistung empfohlen.

Zusätzliche Sicherheit ermöglicht die Fernüberwachung und -steuerung. Mit dem Cerbo GX von Victron kann man den Batteriestatus überprüfen, Alarmmeldungen empfangen und Systemeinstellungen ändern, ohne dass eine physische Präsenz vor Ort erforderlich ist. Dies erfüllt eine wesentliche Anforderung für eine professionelle Stromversorgung.

Mit einem Fragebogen werden die Anforderungen der Stromversorgung eines konkreten Projekts ermittelt. Das betrifft unter anderem die Leistung und Nutzungszeit einzelner Geräte, die mit Strom versorgt werden müssen.

Fazit:

Die Schritte der Projektierung sind so gestaltet, dass maximale Versorgungssicherheit gewährleistet wird. Kleine Versorgungslücken können im Zweifel mit einem „Backup Generator“ überbrückt werden, ohne für die selten auftretenden Situationen die gesamte Anlage zu groß zu dimensionieren.

Allerdings muss bei einem Backup-Generator geklärt werden, wie oft Treibstoff nachgefüllt werden muss. Verbunden mit einem Ortsbesuch des Off-Grid-Systems, der bei reinen Solar-Wind-Systemen nicht anfällt. 

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.