Neue Bauordnung in Niedersachsen und Regelungen für Kleinwindräder

10/03/2022
Neues Bauordnungsrecht in Niedersachsen - Änderungen für Kleinwindkraftanlagen
Neues Bauordnungsrecht in Niedersachsen beeinflusst Genehmigung von Kleinwindkraftanlagen

Seit dem 01. November 2012 gilt im windstarken Niedersachsen eine neue Landesbauordnung. Wie bisher benötigen alle Kleinwindkraftanlagen eine Genehmigung. Eine Genehmigungsfreistellung für Anlagen bis 10 Meter Höhe wurde nicht realisiert. Anlagen über 30 Meter werden als Sonderbauten eingestuft.

Das Bauordnungsrecht ist dem Sicherheits- und Ordnungsrecht zuzuordnen und beinhaltet vorwiegend Anforderungen an die Ausführung des einzelnen Bauvorhabens. Es dient primär der Gefahrenabwehr und greift Themen wie die Standsicherheit und den Brandschutz auf.

 

Keine Genehmigungsfreiheit für Kleinwindanlagen bis 10 Meter Höhe

Während mittlerweile ein Großteil der Bundesländer Kleinwindanlagen mit einer Höhe bis 10 Meter Höhe ohne Genehmigung zulassen (siehe Rheinland-Pfalz), wurde in Niedersachsen diese Regelung nicht umgesetzt.

Ein wesentliches Ziel des neuen niedersächsischen Bauordnungsrechts (NBauO) ist die Verfahrensstraffung und die Streichung entbehrlicher Vorschriften. Nicht nur für Betreiber von Kleinwindanlagen, sondern auch für die Mitarbeiter in den Bauämtern hätte eine Aufnahme der 10-Meter-Regel eine entsprechende Zeitersparnis und Arbeitserleichterung bewirkt. Vor allem in Niedersachsen hätte die Genehmigungsfreiheit für kleine Windräder bis 10 m Höhe Sinn gemacht, da Standorte im Norddeutschen Tiefland und in Küstennähe in 10 Meter Höhe eher auskömmliche Windgeschwindigkeiten erwarten lassen, als im windschwächeren Binnenland.

In § 63 der NBauO wird auf den Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens eingegangen, welches nun zum Regelverfahren in Niedersachsen geworden ist. Der Prüfungsumfang des Verfahrens umfasst im Wesentlichen die Abstandsvorschriften, das städtebauliche Planungsrecht, bautechnische Nachweise und Baunebenrechte wie Naturschutzrecht und Denkmalschutzrecht.

Höhe des Windrads bestimmt Anforderungen

Die baurechtliche Einstufung kleiner Windkraftanlagen bemisst sich nach deren Höhe. Je kleiner die Anlage, desto geringer die Anforderungen.

Kleinwindkraftanlagen bis 10 Meter Höhe werden nach dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren geprüft. Neu ist, dass keine Standsicherheitsprüfung mehr gefordert wird.

Windräder mit einer Höhe zwischen 10 und 30 m unterliegen ebenfalls dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, benötigen aber keine Brandschutzprüfung mehr. Ein Standsicherheitsnachweis wird verlangt.

Windgeneratoren mit einer Höhe zwischen 30 und 50 m werden als Sonderbauten eingestuft. Auf Sonderbauten wird in Niedersachsen das vormals generell durchzuführende, umfangreiche Baugenehmigungsverfahren angewandt.

Windkraftanlagen mit einer Höhe über 50 m fallen generell nicht unter die Landesbauordnungen, sondern unter das bundesweit geltende Bundes-Immissionsschutzgesetz. Große Windkraftanlagen werden auf extra dafür ausgewiesene Vorrangflächen beschränkt.

Bauplanungsrecht bleibt unverändert

Das Bauplanungsrecht umfasst die flächenbezogenen Anforderungen an ein Bauvorhaben. Was die Zulässigkeit von Kleinwindkraftanlagen in Niedersachsen angeht, bleibt das inhaltliche Planungsrecht unverändert. Das Bauplanungsrecht beschreibt die Zulässigkeit von Kleinwindanlagen  im sogenannten Innenbereich – d.h. der durch Bebauungspläne erfasste Siedlungsbereich – und im ländlichen Außenbereich. Prinzipiell sind Kleinwindenergieanlagen als kleine Bauwerke, die vorwiegend der Eigenversorgung mit Energie dienen, zulässig. Letztendlich kann das Bauamt immer nur im Einzelfall entscheiden, ob ein Windrad realisiert werden kann. Die einzelnen Standorte bzw. Grundstücke sind in Bezug zur Siedlungsdichte, Naturschutzbedingungen etc. zu unterschiedlich, als das pauschale Aussagen getroffen werden könnten.

Teilen Sie Ihre Erfahrung mit!

Die konkrete Anwendung des neuen Bauordnungsrechts in Niedersachsen wird durch die Praxis der einzelnen Bauämter vor Ort manifestiert. Teilen Sie bitte Ihre Erfahrung und Wissen mit, am besten per E-Mail. Das gilt für Verbraucher wie für Mitarbeiter von Bauämtern.

Wichtige Quellen

Die vollständigen Fassung der Bauordnung, als auch zusammenfassende Informationen findet man auf der Seite des zuständigen Ministeriums zum neuen Bauordnungsrecht in Niedersachsen.

Ein übersichtlicher Fragenkatalog zur Genehmigung von Kleinwindanlagen in Niedersachsen wurde auf einer Seite des Landkreises Cuxhaven veröffentlicht. Die Angaben sind größtenteils noch zutreffend.

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Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.