Die deutsche Solarstrom-Branche hat die Marktdominanz chinesischer Anbietern bitter zu spüren bekommen. Ein ähnliches Szenario könnte sich für die Kleinwindkraft-Branche abzeichnen. Kleinwindanlagen-Hersteller aus China und Taiwan weiten ihre Exportbemühungen aus und werden vom Staat unterstützt. Der Experte Eric Effern von Windtest Grevenbroich stand dem Kleinwindkraft-Portal für ein Interview zur Verfügung. Hintergrund ist die Einrichtung eines staatlichen Kleinwind-Testfelds in Taiwan.
Neues staatliches Testfeld für Kleinwindanlagen in Taiwan
Ein aktueller Bericht des News-Portals Taiwan Today vom 29. Juli 2013 geht auf die Errichtung eines neuen Testfelds für Kleinwindkraftanlagen ein. Initiatoren und Träger des Testfelds sind staatliche Einrichtungen. Mit Hilfe zweier staatlicher Testfelder in Taiwan will man die Zertifizierungskosten für Kleinwindanlagen um 60 % reduzieren. Die umfangreichen Tests einer Windturbine führen zu hohen Kosten, die vor allem kleinere Hersteller kaum stemmen können. Ein besonderes Augenmerk beim taiwanesischen Testfeld wird auf die Zertifizierung von vertikalen Kleinwindanlagen gelegt.
Interview mit Eric Effern von Windtest Grevenbroich
Die Einrichtung des Testfelds in Taiwan wurde durch die Windtest Grevenbroich GmbH im Rahmen eines Beratungsauftrags begleitet. Das Unternehmen betreibt in Grevenbroich im Rheinland selbst eines der größten Binnenland-Testfelder für Windkraftanlagen weltweit. Neben Multimegawatt-Turbinen nehmen Kleinwindkraftanlagen als Geschäftsfeld für Windtest Grevenbroich an Bedeutung zu. Windkraft-Experte Eric Effern ist Bereichsleiter R&D bei Windtest Grevenbroich und stand dem Kleinwindkraft-Portal für ein Interview zur Verfügung.
Herr Effern, welche Aufgaben hat die Windtest Grevenbroich GmbH bei der Einrichtung des Kleinwindanlagen-Testfelds in Taiwan übernommen?
Wir haben die Einrichtung des Testfelds begleitet und dabei die Kompatibilität nach IEC-Standards geprüft. Als akkreditiertes Institut kümmern wir uns nicht nur um die Zertifizierung von Windkraftanlagen, sondern auch um die Konzeption von Freiland-Teststandorten. Wir haben in Taiwan z.B. die Topographie des Standorts geprüft und ein Konzept für die exakten Aufstellungsorte der Kleinwindkraftanlagen und Windmesstechnik erstellt. Windturbinen und Messtechnik dürfen sich in Bezug auf die Windströmung nicht gegenseitig beeinflussen. Beide müssen den gleichen Windbedingungen unterliegen. Vor diesem Hintergrund haben wir auch den Einfluss von Hindernissen und der Oberflächenbeschaffenheit wie Bodenwellen untersucht. Schließlich umfasste der Auftrag die Schulung des Personals und die Auswahl der Messtechnik. Der Standort liegt in Küstennähe und hat gute Windbedingungen.
Welchen primären Zweck verfolgt man in Taiwan mit der Gründung eines staatlichen Testfelds?
Taiwanesische Hersteller von Kleinwindanlagen sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Anlagen nach verschiedenen Standards zu zertifizieren. Dazu gehört neben dem internationalen Standard IEC 61400-2 auch der britische MCS Standard und den US-Standard SWCC.
Es geht zum einen darum, generell die Qualität, Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Kleinwindkraftanlagen unter Beweis zu stellen. Zum anderen sollen den Anbietern die Voraussetzungen verschafft werden, auf den westlichen Leitmärkten USA und Großbritannien ihre Anlagen abzusetzen.
Welche Eindrücke haben Sie bei ihren Besuchen in China und Taiwan zur dortigen Kleinwind-Branche gewonnen?
Im April 2013 war ich auf einer Energiemesse in Schanghai. Auffallend war, dass viele Hersteller von Kleinwindkraftanlagen, die bislang vorwiegend für den einheimischen Markt produziert haben, sich jetzt für internationale Märkte aufstellen. Das ist gleichbedeutend mit einer Qualitätsoffensive bei chinesischen Kleinwindenergieanlagen, um westliche Standards erfüllen zu können. Der Staat unterstützt die Firmen beispielsweise durch staatliche Testfelder. Was das Aufstellen und Testen kleiner Windturbinen angeht, treffen die Hersteller auf sehr gute Bedingungen.
Welche Unterstützung der Kleinwind-Branche in Deutschland schlagen Sie vor?
Ein allgemeines Problem ist in Deutschland zunächst die Genehmigungslage. Wir benötigen eine Vereinfachung der Baugenehmigung für Kleinwindkraftanlagen. Das Verfahren muss einheitlich, transparent und zügig vonstattengehen.
Ähnlich wie in China, sollten die Hersteller bei der Zertifizierung der Windräder unterstützt werden. Das hilft auch den Verbrauchern bzw. Betreibern, da die Qualität der Windturbinen geprüft und verifiziert wird. Über ein Förderprogramm könnte ein Teil der hohen Zertifizierungskosten vom Staat übernommen werden.
Kleinwindanlagen auf Testfeldern und zum Zwecke der Forschung und Entwicklung sollten eine unkomplizierte Sonderbaugenehmigung bekommen. Auf unserem abgelegenen Testfeld in Grevenbroich benötigen wir für jede Kleinwindanlage eine extra Baugenehmigung. Die Mitarbeiter im Bauamt vor Ort sind sehr kooperativ, müssen sich aber an Gesetze und Verordnungen halten. Eine Entbürokratisierung würde den Betreibern der Testfelder und Kleinwindkraftanlagen als auch den Bauämtern weiterhelfen.
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