Wie der Klimawandel die Windenergie und Erträge von Windanlagen beeinflusst

24/05/2024
Klimawandel Windenergie Windkraftanlagen

Ein hohes Windpotenzial ist der wichtigste Faktor für die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage. Doch es gibt Berichte, dass der Klimawandel das Windpotenzial deutlich reduzieren könnte. Dies hätte gravierende Auswirkungen auf die Stromerträge der Windanlagen.

Ist dies das Ende der Windenergie, wie wir sie kennen? In diesem Artikel gehen wir der Frage nach: Wie beeinflusst der Klimawandel wirklich die Windenergie und die Stromerträge von Windkraftanlagen?

Windstarke und windschwache Jahre

Windenergie verändert sich nicht nur im Laufe eines Jahres entlang der Jahreszeiten. Auch bei Betrachtung einzelner Jahre als Ganzes fällt auf, dass es in der Vergangenheit windstarke Jahre und Jahre mit weniger Windenergie gab. Wer eine Windkraftanlage betreibt, wird das an den Stromerträgen bemerken.

Studien zur Auswirkung des Klimawandels auf die Windenergie

Es gibt mehrere wissenschaftliche Studien darüber, wie der Klimawandel die Windenergie beeinflussen könnte. Einige Wissenschaftler befürchten, dass der Klimawandel zu einer Verringerung der globalen Windgeschwindigkeiten führen könnte, was als „Global Stilling“ bekannt ist. Dies würde bedeuten, dass die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit sinken könnte, was negative Auswirkungen auf die Energieproduktion von Windkraftanlagen hätte.

Regionale Unterschiede bei Entwicklung der Windenergie

Der Klimawandel führt zu signifikanten Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation, was die Windmuster weltweit beeinflusst. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Windgeschwindigkeiten sind jedoch nicht einheitlich. Während einige Regionen eine Abnahme der Windgeschwindigkeiten verzeichnen, könnten andere Regionen eine Zunahme erleben.

Beispielsweise könnten nördliche und küstennahe Regionen von stabileren oder sogar stärkeren Winden profitieren, während andere Regionen im Binnenland eine Abnahme der Windgeschwindigkeiten erfahren könnten. Das hat die Studie „Implications of Climate Change on Wind Energy Potential“ aus dem Jahr 2023 ergeben.

Kleinwindanlagen an windstarker Küste

Tipp: wer mehr über das regionale Windpotenzial in Deutschland erfahren möchte, der sollte Windkarten zur Hilfe nehmen. Hier sind besonders Online-Windatlanten wie der Global Wind Atlas hilfreich.

2023 das windreichste Jahr seit langer Zeit

Das Jahr 2023 war in Deutschland nach Analysen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) das windstärkste Jahr seit 2007. Viele Betreiber kleiner und großer Windkraftanlagen dürften sich über überdurchschnittliche Stromerträge gefreut haben.

Der „Wind- und Ertragsindex Report 2023“  der anemos Gesellschaft für Umweltmeteorologie zeigt, dass die Windbedingungen und Erträge von Windenergieanlagen in Europa und Deutschland im Jahr 2023 besonders positiv waren. In Zentraleuropa, darunter in Südwestdeutschland, lagen die Windgeschwindigkeiten deutlich über dem Durchschnitt, während die Mittelmeerregion und Skandinavien unterdurchschnittliche Werte verzeichneten.

Deutschland erlebte nach den Analysen von anemos sogar das windstärkste Jahr seit über 20 Jahren. Der nationale Windindex lag im Vergleich zum Referenzzeitraum 2004 bis 2023 bei 106,6 Prozent, was bedeutet, dass die mittlere Windgeschwindigkeit 6,6 Prozent über dem Durchschnitt lag.

Windindex des Jahres 2023 für Deutschland (Quelle: anemos Gesellschaft für Umweltmeteorologie mbH)

Der nationale Ertragsindex für eine typische 3-MW-Windenergieanlage betrug 118,3 Prozent. In Baden-Württemberg lag der Ertragsindex sogar bei 137,8 Prozent. Das ist ein satter Zugewinn an Windstrom!

Bitte beachten, dass diese Analysen des Windpotenzials auf einer Höhe von 100 m über dem Boden basieren und somit primär für Großwindkraftanlagen gelten. Die Ergebnisse können somit nicht 1:1 auf Kleinwindkraftanlagen übertragen werden. Dennoch dürfte sich das windstarke Jahr auch bei Kleinwindanlagen in den Stromerträgen bemerkbar gemacht haben.

Den Wind- und Ertragsindex Report 2023 von anemos kann man hier als PDF-Datei runterladen.

Windkraft ist Klimaschutz-Technologie

Der DWD macht klar, dass der Klimawandel wie prognostiziert weiter voranschreitet. Das Jahr 2023 war weltweit und in Deutschland das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Hauptursache für den Klimawandel und die damit verbundene Erwärmung der Atmosphäre und der Weltmeere, so die Experten des DWD, bleiben die Emissionen von Treibhausgasen.

Deshalb müssen fossile Energieträger so schnell wie möglich durch emissionsfreie Erneuerbare Energien wie Windkraftanlagen ersetzt werden.

Fazit

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Windenergie sind komplex und regional unterschiedlich. Während einige Regionen möglicherweise eine Abnahme der Windgeschwindigkeiten erleben, könnten andere Regionen von stabilen oder sogar steigenden Windressourcen profitieren. Dieser Trend ist auch für die kommenden Jahrzehnte wahrscheinlich. Aber ein genereller Rückgang des Windpotenzials weltweit ist unwahrscheinlich.

Das Jahr 2023 war sehr erfreulich für die Betreiber von Windkraftanlagen, da es das windreichste Jahr der letzten 20 Jahre war. Der weitere Ausbau der Windkraft bleibt eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Klimawandel langfristig in den Griff zu bekommen.

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.