Kleine Windanlagen für den gewerblichen oder privaten Gebrauch sind für eine hohe Eigenversorgung mit sauberer Energie unverzichtbar. Aber nicht für jeden geeignet. Als unabhängiger Experte ist es meine Aufgabe, Ihnen nicht nur die Vorteile, sondern auch die Grenzen zu zeigen. Was muss man über Kleinwindkraftanlagen unbedingt wissen?
Kleinwindanlagen sind eine Welt für sich: Regeln und Rahmenbedingungen für Solaranlagen und Großwindkraftanlagen lassen sich nicht auf Kleinwindräder übertragen.
Nach dieser Trockenübung (d.h. dem Lesen dieses Artikels) lege ich Ihnen die Besichtigung eines Kleinwindrads ans Herz. An einem windstarken Tag, wenn der fleißige Rotor für sauberen Strom im Haus sorgt. Ich bin immer wieder fasziniert…
[Foto oben: Britwind]
Die perfekte Ergänzung zur Solarstromanlage und Wärmepumpe
Wenn die Sonne nicht scheint, weht oft der Wind. An sehr sonnigen Tagen herrscht dagegen oft eine Windflaute. Über die Jahreszeiten hinweg ergänzen sich Solaranlagen und Windanlagen sehr gut. Das kleine Windrad ist die Stromquelle für den Herbst und Winter, als auch nachts.
Optimal ist auch die Kombination von Kleinwindkraftanlage und Wärmepumpe. Wärmepumpen als Heizung benötigen vor allem Strom im Winter, das heißt während der windstarken Jahreszeit. Im Winter ist zu wenig Sonnenenergie vorhanden, um damit die Wärmepumpe nennenswert zu unterstützen.
Die Formel für Energie-Autarkie: Solarenergie + Windenergie + Speicher. Ein Batteriespeicher kann von Photovoltaikanlage und Windkraftanlage gemeinsam gespeist werden.
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Windstarker Standort ist Erfolgsfaktor #1
Eine Kleinwindanlage macht nur Sinn, wenn man auf dem eigenen Grundstück genug Wind hat. Was genau zeichnet eine windstarke Lage aus? Man hat in Hauptwindrichtung eine möglichst freie Sicht. In Deutschland kommt der starke Wind in der Regel aus westlicher Richtung. Richtung Westen sollten in rund 200 m Entfernung keine Objekte wie Häuser oder Bäume sein.
Ein hohes Windangebot können Einzellagen, der westliche Siedlungsrand als auch Hang- und Höhenlagen haben. Grundstücke mitten im flachen Wohngebiet sind in der Regel nicht geeignet.
Je ausgeprägter das Relief einer Landschaft, desto eher herrschen lokale Windverhältnisse vor. Das gilt zum Beispiel für den Föhn in den Alpen.
Man muss einen Standort und dessen Windverhältnisse sorgfältig prüfen.
Rendite für Gewerbebetriebe möglich
Privater Hausbesitzer müssen Überzeugungstäter sein, wenn sie sich eine kleine Windturbine anschaffen. Eine Rendite wie bei einer Solarstromanlage lässt sich damit nicht erwirtschaften. Im Vordergrund müssen andere Motive stehen: Umwelt- und Klimaschutz, Unabhängigkeit vom Energieversorger aufgrund hoher Eigenversorgung, Technikbegeisterung etc.
Gewerbebetriebe dagegen haben oft deutlich bessere Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Betrieb einer Kleinwindanlage. Der Stromverbrauch ist höher, deshalb werden deutlich größere Rotoren und höhere Masten eingesetzt. Die Kosten des durch die Windanlage produzierten Stroms sind deutlich geringer.
Voraussetzung ist aber auch hier ein Standort mit hohem Windangebot. Das kann zum Beispiel ein Industriegebiet oder Gewerbegebiet in einer Randlage sein. Auch landwirtschaftliche Betriebe mit der typischen Einzellage haben oft gute Windbedingungen.
Weitere Infos zur Wirtschaftlichkeit: Preise und Kosten kleiner Windkraftanlagen.
Angebotsmarkt: Große Unterschiede bei der Anlagenqualität
Das Angebot an Kleinwindanlagen ist groß und unübersichtlich. Weltweit gibt es über 300 Hersteller mit mehr als 1.000 unterschiedlichen Modellen. Eine Marktbereinigung wie in der Photovoltaikbranche hat noch nicht stattgefunden.
Die Unterschiede in der Qualität der angebotenen Anlagentechnik ist enorm. Längst nicht jede Windanlage ist empfehlenswert, beim Kauf ist Vorsicht geboten. Es gibt kein vorgeschriebenes Qualitätssiegel, welches die Marktreife der Windanlage belegt.
Warum sind grade bei Windkraftanlagen eine robuste Ausführung und eine hohe Qualität so wichtig? Es liegt an der immensen Kraft des Windes bei Sturmstärke. Umgeknickte Bäume nach einem Orkan sind ein Beleg für diese Naturgewalt. Eine kleine Windkraftanlage wird nur den nächsten Sturm überleben, wenn hochwertige Komponenten und eine erprobte Sturmsicherung integriert wurde. Bei zu starkem Wind muss der Rotor automatisch abgeregelt werden. Ja, man muss eine Windanlage vor zu viel Wind schützen.
Hier weitere Infos zum Kauf einer kleinen Windkraftanlage.
Stand der Technik: Horizontale Windkraftanlagen
Bei Kleinwindanlagen gibt es sehr unterschiedliche Bauformen. Wesentliche Komponente ist der Rotor. Die Lage der Rotorachse entscheidet maßgeblich über das Aussehen des Rotors. Man unterscheidet zwischen horizontaler und vertikaler Rotorachse, wie in der folgenden Grafik dargestellt.
Stand der Technik sind Windkraftanlagen mit horizontaler Rotorachse. Das gilt für alle Leistungsklassen. Bei großen Windkraftanlagen im Megawattbereich gibt es ausschließlich Anlagen mit horizontaler Rotorachse. Horizontale Windkraftanlagen sind deutlich effizienter und wirtschaftlicher. Das liegt vorwiegend an den besseren aerodynamischen Eigenschaften des Rotors. Ein Nachteil vertikaler Windturbinen liegt darin, dass sich ein Teil des Rotors gegen den Wind bewegen muss.
Baugenehmigung nicht immer notwendig
Fest mit dem Untergrund verbundene Windanlagen sind ein Bauwerk, welches in vielen Fällen eine Baugenehmigung benötigt. Mobile Windanlagen wie zum Beispiel auf Segelschiffen benötigen keine Baugenehmigung.
Sehr kleine Windanlagen mit einer Gesamthöhe geringer als 10 Meter benötigen in manchen Bundesländern keine Baugenehmigung. Eine Übersicht zu den einzelnen Regeln in den Bundesländern gibt es auf dieser Seite.
Eine Windanlage gehört nicht aufs Dach
“Do not put a wind turbine on a roof.” Installiere eine Windanlage nicht aufs Dach. Dieser Ratschlag von Windenergie-Guru Paul Gipe wurde durch unabhängige Untersuchungen mehrfach bestätigt. Die weitaus bessere Wahl ist der ebenerdige Mast neben dem Haus.
Das Problem #1 von Dachinstallationen: die Windverhältnisse in der Nähe der Dachfläche sind nicht geeignet. Der Wind ist zu schwach und/oder zu turbulent. Der Rotor benötigt aber stetige Windströmung, um den Generator anzutreiben.
Theoretisch können kleine Windanlagen auf Dächern funktionieren, sofern ausreichend hohe Masten genommen werden. Der Rotor befindet sich dann außerhalb der Turbulenzblase des Windes. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass auf Dächern besonders kurze Masten genommen werden. Mögliche Gründe dafür: die Statik des Daches lässt keinen höheren Masten zu, der Rotor soll aus optischen Gründen niedrig sein, das Bauamt lässt keinen höheren Masten zu etc.
Autor: Patrick Jüttemann.