Bei Netzausfall Solar- und Kleinwindkraft nutzen: Autarke Insel mit Notstrom

28/12/2022
Blackout - Photovoltaik und Kleinwindanlage nutzen

Steigt die Gefahr eines Blackouts in Deutschland? Das wird in manchen Medien so dargestellt. Jeder kann Vorsorge treffen, was den Ausfall des Stromnetzes angeht. Man kann den Strom einer Photovoltaik- und einer Kleinwindanlage nutzen. 

Doch Vorsicht: Man sollte wissen, welche Arten von Notstromsystemen es gibt, damit man für sich die richtige Entscheidung fällt.

Die Grundlagen zum Thema Notstrom werden in diesem Video (13:24 min) erläutert. Am Ende des Videos wird ein im Markt bewährtes System vorgestellt, welches auch Kleinwindkraftanlagen einbinden kann.

Video jetzt anschauen:

Notstrom oder Ersatzstrom?

Wenn man sich über Notstrom informiert, dann wird man zwangsläufig auch auf den Begriff Ersatzstrom stoßen. Aber als übergeordneter Begriff für alle Formen der Stromversorgung bei Netzausfalls hat sich „Notstrom“ etabliert.

Ich rate zur Vorsicht: es ist in der Praxis kein Einzelfall, das ist ein Notstromsystem installiert wird, welches im Nachhinein nicht den Erwartungen des Betreibers entspricht. Weil nicht genau kommuniziert wurde, was genau an Notstrom-Funktionalität gewünscht ist.

Was soll mit Strom beim Blackout versorgt werden?

Eine zentrale Entscheidung ist dabei: was genau wird bei einem Blackout mit Strom versorgt? Nicht selten herrscht die Vorstellung, dass automatisch das komplette Haus mit Notstrom versorgt wird. Das bedeutet konkret: alle drei Stromkreise des Hauses, d.h. eine dreiphasige Versorgung. Das ist möglich, aber gleichzeitig die aufwendigste und teuerste Form der Notstromversorgung. Hier spricht man von Ersatzstrom.

Nächste Möglichkeit ist die Versorgung von nur einem Stromkreis des Hauses. Bei einer einphasigen Versorgung ist es hilfreich, wenn man die Verbraucher, die bei Netzausfall versorgt werden sollen, auf die entsprechende Phase geklemmt werden. Geringer Aufwand für den Elektriker, ein kleiner Umbau im Verteilerkasten.

Die einfachste Variante ist die Stromversorgung durch eine Steckdose am Batteriespeicher. Das ist gleichzeitig die günstigste Variante. Beim Stromausfall muss man manuell die Verbraucher an dieser Steckdose anschließen. Hier spricht man von Notstrom.

Dauer der Umschaltung

Ein wichtiges Merkmal einer Notstromversorgung ist die Geschwindigkeit der Umschaltung. Mit oder ohne nennenswerter Unterbrechung der Stromversorgung.

Die Umschaltzeit ist wichtig je nachdem welche Verbraucher man versorgen will. Beispiel: Server oder Computer ohne integrierte Batterie können i.d.R. nur 20 Millisekunden ohne Strom sein.

Bei einer unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) geht die Umschaltung so schnell, dass man den Ausfall des Stromnetzes gar nicht merkt. Ohne USV kann die Umschaltung bis zu 30 Sekunden dauern.

Inselbetrieb: Nachladen durch Solar- und Kleinwindanlage

Sehr hilfreich ist es, wenn bei einem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes die Stromversorgung des Hauses in einen Inselbetrieb übergeht und die Batterie durch Solarstrom nachgeladen wird. Bestenfalls auch durch Strom einer Kleinwindkraftanlage. Du hast dann eine autarke Stromversorgung unabhängig vom öffentlichen Netz.

Das ist so wichtig, weil der Stromspeicher sonst schnell leer sein wird. Wenn der Speicher nicht nachgeladen wird, dann ist die Notstromreserve bald aufgebraucht

Die Umschaltung vom Netzparallelbetrieb des Hauses auf Inselbetrieb erfolgt durch eine Netztrenneinrichtung. Diese trennt das Stromnetz beim Blackout vom Hausnetz. Das ist notwendig, damit beim Wiederkehren des Stromnetzes eine Überlagerung des eigenen Inselnetzes mit dem Stromnetzes verhindert wird.

Planung und Auslegung

Bei der Auswahl des Speichers und auch beim Energiemanagement im laufenden Betrieb muss man an die Notreserve des Speichers denken. Ein  Notstromsystem macht nur dann Sinn, wenn immer Strom im Speicher vorhanden ist, den man im Notfall nutzen kann. Typischerweise werden rund 30 - 50% der Speicherkapazität für den Notfall vorgehalten. Man braucht deutlich mehr Speicherkapazität, das macht den Stromspeicher teurer.

Bei der Auslegung eines Notstromsystems geht es immer um Erwartungen und Kosten. Anfangs besteht oft der Wunsch, das ist das Haus bei einem Blackout über 3 Tage vollständig mit Strom versorgt wird. Das funktioniert aber meistens nur wenn man einen Zusatzgenerator hat, also eine Kleinwindanlage, eine Brennstoffzelle oder einen Dieselgenerator. Eine Kleinwindkraftanlage wiederum macht nur Sinn, wenn man eine windstarke Lage hat. Alles in allem ist ein Notstrom-Vollversorgung über mehrere Tage sehr teuer.

Deshalb werden aus Kostengründen am Ende solche Notstromsysteme oft viel kleiner dimensioniert. Nach dem Motto: Es werde nur relevante Verbraucher versorgt und je weniger Strom ich verbrauche, desto länger hält die Batterie durch.

Technische Lösung aus der Praxis

Technische Lösungen im Sinne von Produkten für die Umsetzung von Notstrom oder Ersatzstrom gibt es sehr viele am Markt. Dazu gehören beispielsweise Hybrid-Wechselrichter, also ein Wechselrichter für Photovoltaik und Stromspeicher in einem Gerät, der zusätzlich eine Ersatzstrom-Funktionalität hat.

Als konkretes Beispiel wird im obigen Video (ab 10:19 min) der Sunny Island von SMA erwähnt. Mit diesem Batteriewechselrichter kann man ein Inselnetz aufbauen und mit entsprechender Trennreinrichtung auch Ersatzstrom im Falle eines Blackouts bereitstellen. Ein entscheidender Vorteil: nicht nur Photovoltaiksysteme können flexibel eingebunden werden, sondern auch Kleinwindkraftanlagen.

Autor: Patrick Jüttemann

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.