Wer sich für eine Kleinwindanlage interessiert, steht vor der entscheidenden Frage: Welche Anlagengröße passt zu meinem Standort? Die Auswahl ist komplex, denn es müssen drei zentrale Parameter aufeinander abgestimmt werden: Rotorgröße, Masthöhe und Generatorleistung.
Jeder Standort ist anders – das Windangebot variiert zwischen Küste und Binnenland. Auch der Strombedarf ist sehr unterschiedlich, hängt unter anderem von Stromverbrauchern wie Wärmepumpe und E-Auto ab.
Um Antworten aus der Praxis zu bekommen, habe ich Mitte November 2025 mit Rüdiger Braun gesprochen. Als technischer Leiter der BRAUN Windturbinen GmbH blickt er auf tausende Installationen weltweit zurück. Der Hersteller aus Rheinland-Pfalz bietet mit der ANTARIS-Produktlinie eine der umfangreichsten Modellpaletten am Markt: 5 Windgeneratoren von 2,5 kW bis 12 kW Nennleistung kombinierbar mit verschiedenen Masthöhen und Rotorgrößen. Als empfehlenswerte Kleinwindanlagen erwähnt im Kleinwind-Marktreport.
Inhaltsverzeichnis
Welche Größe passt zu meinem Standort?
Bei der Planung einer Kleinwindkraftanlage ist die Dimensionierung ein wichtiger Schritt. Die Größenbestimmung basiert auf drei technischen Parametern, die man individuell kombinieren muss:
Rotorgröße:
Der Durchmesser des Rotors bestimmt die Fläche, mit der die Windenergie eingefangen wird. Die Rotorgröße ist entscheidend für die Stromproduktion einer Windkraftanlage, nicht die Generatorleistung. Bei ANTARIS-Anlagen reicht die Spanne von 3,0 bis 6,5 Meter Rotordurchmesser.
Masthöhe:
Die Höhe des Mastes beeinflusst entscheidend das verfügbare Windangebot. Je höher der Rotor, desto stärker und konstanter weht der Wind.
Generatorleistung:
Die Nennleistung des Generators gibt an, wie viel elektrische Leistung maximal erzeugt werden kann. Die ANTARIS-Palette reicht von 2,5 kW bis 12 kW für private und gewerbliche Betreiber. Die Nennleistung des Generators ist allerdings ein ungenauer Parameter, was die Bestimmung der Stromerträge angeht.
Entscheidende Faktoren des Betreibers:
Die richtige Kombination dieser drei Parameter hängt von zwei entscheidenden Faktoren ab, dem Windangebot am konkreten Standort und dem jährlichen Strombedarf des Betreibers.

Masthöhe bestimmen: Höhe bringt Energie
Die Masthöhe beeinflusst unmittelbar das Potenzial an Windenergie in Rotorhöhe und damit auch den Stromertrag. Braun Windturbinen bietet Masthöhen von 7,0 bis 30 Meter an, alle mit prüffähiger Statik. Die Gesamthöhe der Anlage (Höchste Flügelspitze über Grund) liegt damit zwischen 10 und rund 35 Meter.

Der Reiz niedriger Masten: Baugenehmigung umgehen
Viele Interessenten bevorzugen zunächst eine niedrige Anlage. Häufiger Grund: In vielen Bundesländern sind Kleinwindanlagen bis zu einer bestimmten Gesamthöhe verfahrensfrei, also ohne Baugenehmigung aufstellbar. Die Grenzen liegen je nach Bundesland bei 10, 15 oder sogar 20 Meter Gesamthöhe. Eine verfahrensfreie Aufstellung spart Zeit, Kosten und bürokratischen Aufwand. Das klingt verlockend – doch dieser Vorteil kann teuer erkauft sein.
Das Problem: Wenig Wind in geringer Höhe
Die Höhe über Grund bestimmt maßgeblich, wie viel Wind deine Anlage tatsächlich nutzen kann. In Bodennähe wird der Wind durch Bewuchs, Gebäude und Geländeformen stark gebremst. Mit zunehmender Höhe nimmt die Windgeschwindigkeit zu.
Die Erfahrung von Rüdiger Braun aus der Praxis: Wenn man die Nabenhöhe (Rotormitte) von 10 auf 20 Meter verdoppelt, wird oft eine Ertragssteigerung von 100 Prozent erreicht! Die Anlage produziert also doppelt so viel Strom – bei identischem Windgenerator und Rotor.
Fazit: Wirtschaftlichkeit versus Verzicht auf Baugenehmigung
Was Stromertrag und Wirtschaftlichkeit angeht, macht es oft Sinn, eine höhere Windanlage inklusive Baugenehmigungsverfahren zu wählen. Die Mehrkosten für einen höheren Mast und die Genehmigung amortisieren sich oft durch die deutlich höheren Stromerträge. Eine Anlage mit 20 Meter Nabenhöhe ist langfristig meist wirtschaftlicher als eine verfahrensfreie 10-Meter-Anlage – selbst wenn letztere günstiger in der Anschaffung ist.
Rotorgröße wählen: Entscheidender Faktor für Stromertrag
Die Größe des Rotors ist entscheidend für die Stromproduktion einer Kleinwindanlage – nicht die Nennleistung des Generators. Das bedeutet: ein kleinerer Generator mit größerem Rotor ist in der Regel ertragreicher als ein größerer Generator mit kleinerem Rotor.
Rotoroptionen der Braun ANTARIS
Braun Windturbinen bietet verschiedene Rotoren mit einem Durchmesser von 3,00 m bis 6,5 m an.
Am Beispiel der ANTARIS 5,5 kW zeigt sich die Bandbreite: Dieser Generator kann mit Rotordurchmessern von 4,0 Meter, 4,40 Meter oder 5,30 Meter ausgestattet werden. Der Unterschied ist erheblich: Der 5,30-Meter-Rotor hat fast die doppelte Fläche des 4,0-Meter-Rotors. Das bedeutet: Bei gleicher Windgeschwindigkeit fängt der größere Rotor nahezu doppelt so viel Energie ein und wird auch ungefähr doppelt so viel Strom erzeugen.

Auswahlstrategie nach Standort
Rüdiger Braun empfiehlt: Im windschwächeren Binnenland solltest du tendenziell den größtmöglichen Rotor für deinen gewählten Windgenerator nehmen. Der größere Rotor gleicht das schwächere Windangebot aus und liefert auch bei mäßigen Windgeschwindigkeiten gute Erträge.
An windstarken Küstenstandorten sollte man dagegen einen kleineren Rotor wählen. Die hohen Windgeschwindigkeiten kompensieren die geringere Rotorfläche. Eine kompakte Konfiguration reduziert Investitionskosten und kann trotzdem hohe Stromerträge liefern.
Vorsicht: An sehr windschwachen Standorten, wie z.B. inmitten bebauter Gebiete, macht eine kleine Windkraftanlage keinen Sinn! Das Windpotential des Standorts muss unbedingt zuerst geprüft werden.
Generatorleistung: 2,5 kW bis 12 kW
Braun Windturbinen bietet Windgeneratoren mit einer Leistung zwischen 2,5 kW und 12 kW an. Welches Modell passt zu welchem Bedarf?
ANTARIS 5,5 kW: Einstieg in die Hausstromversorgung
Das 5,5 kW Modell ist laut Rüdiger Braun die kleinste empfohlene Anlage für die Hausstromversorgung. Sie eignet sich für Haushalte mit moderatem Stromverbrauch, wenn keine großen zusätzlichen Verbraucher geplant sind. Mit der richtigen Kombination aus Masthöhe und Rotorgröße kann diese Anlage einen substanziellen Beitrag zur Eigenversorgung leisten.
ANTARIS 7,5 kW: Für erhöhten Winterbedarf
Die 7,5 kW Variante ist besonders interessant, wenn man etwa 3.000 kWh zusätzlichen Strombedarf im Winter hat. Das kann zum Beispiel durch eine Wärmepumpe der Fall sein. Kleinwindanlagen produzieren im windreichen Winter deutlich mehr Strom als im Sommer – genau dann, wenn Wärmepumpen den höchsten Bedarf haben.
ANTARIS 12 kW: Die häufigste Wahl
Das 12 kW Modell ist sowohl für private als auch gewerbliche Betreiber geeignet und wird am häufigsten installiert.
Das gilt auch für den verfahrensfreien Bau ohne Baugenehmigung: In Bundesländern mit 15 Meter Verfahrensfreiheit wird die 12 kW Anlage oft auf einem 12 Meter Kippmast montiert. So bleibt man unter 15 m Gessamthöhe und vermeidet das Genehmigungsverfahren.

Empfehlung des Herstellers
Empfehlung von Rüdiger Braun: Wenn die Wirtschaftlichkeit nicht oberste Priorität ist, wähle die größtmögliche Anlage, die finanziell machbar ist. Denn jeder Kunde baut so eine Anlage nur einmal im Leben. Die Anlagen können nach Aussage des Herstellers 30 Jahre laufen. Was heute nach ausreichender Kapazität aussieht, kann in wenigen Jahren zu klein sein, wenn zum Beispiel Wärmepumpe oder E-Auto hinzukommen.
Installationsaufwand ist identisch
Der Aufwand für die Installation einer 5,5 kW Anlage ist praktisch identisch mit dem einer 12 kW Anlage. Mast aufstellen, Fundament gießen, elektrische Anschlüsse herstellen etc. – diese Arbeiten fallen in gleichem Umfang an. Die Mehrkosten für eine größere Anlage betreffen hauptsächlich die Komponenten, nicht die Installation.
Fazit: Individuelle Lösung für jeden Standort
Die Auswahl einer passenden Kleinwindanlage ist immer eine Einzelfallentscheidung. Es gibt keine Standardlösung, die für alle Standorte und Betreiber gleichermaßen gilt.
Windangebot als wichtigster Faktor
Der entscheidende Einflussfaktor ist das Windangebot am konkreten Standort. Ein windstarker Küstenstandort erlaubt eine kompakte Konfiguration mit niedrigerem Mast und kleinerem Rotor. Im windschwächeren Binnenland musst du dagegen mit höherem Mast und größerem Rotor arbeiten, um ausreichend Strom zu erzeugen. Vorsicht: Grundstücke inmitten bebauter Gebiete haben in der Regel zu wenig Wind.
Die drei Parameter richtig kombinieren
Rotorgröße, Masthöhe und Generatorleistung müssen aufeinander abgestimmt werden. Dabei gilt: Die Rotorgröße ist wichtiger als die Generatorleistung. Die Masthöhe hat ebenfalls großen Einfluss auf den Ertrag – eine Verdopplung der Masthöhe kann den Stromertrag verdoppeln.
Zukunftsorientiert planen
Wenn du zwischen zwei Größen schwankst, entscheide dich für die größere Variante. Der Strombedarf steigt bei den meisten Betreibern im Laufe der Jahre. Eine heute ausreichende Anlage kann morgen zu klein sein. Die Mehrkosten amortisieren sich durch höhere Erträge und größere Flexibilität.

